DAMIT GELENKE "REIBUNGSLOS" FUNKTIONIEREN
Bewegung ist Leben - Leben ist Bewegung
Sie sind wahre Wunderwerke der Natur: Im Zusammenspiel mit Muskeln, Sehnen und Bändern ermöglichen Gelenke dem Menschen eine seiner wichtigsten Eigenschaften: Mobilität. Bleiben die Gelenke „gut geschmiert“, kann sich der Mensch bis ins hohe Alter schmerzfrei bewegen. Die Realität sieht freilich anders aus: Über 60 Prozent der älteren Bevölkerung Deutschlands sind von der chronischen Gelenkerkrankung Arthrose betroffen, bei den über 65-jährigen sind es sogar mehr als 90 Prozent. Dies ist die schlechte Nachricht. Die gute: Durch geduldiges und achtsames Training lassen sich die Gelenke schützen, selbst bei vorgeschädigten Gelenken kann den Betroffenen durch richtig dosiertes Training und den Einsatz orthopädischer Hilfsmittel gezielt geholfen werden.
Jeder Mensch hat 212 echte Gelenke, die Knochen miteinander verbinden. Dazu zählen beispielsweise die 48 relativ kleinen Gelenke der Wirbelsäule und die vielen Gelenke in Händen und Füßen. Es gibt einfachere Gelenke wie den Ellenbogen, die wie Scharniere einer Tür keine Seitwärtsbewegungen gestatten. Das Kugelgelenk der Schulter dagegen ist beweglich wie kein anderes und erlaubt eine große Mobilität. Deshalb ist hier eine gute muskuläre Sicherung notwendig. Auch das Hüftgelenk ist ein Kugelgelenk. Im Vergleich zur Schulter wird es jedoch wesentlich stärker durch die Hüftgelenkspfanne geführt. und der Bewegungsumfang ist dadurch etwas eingeschränkt.
Das größte Gelenk des Körpers ist das Kniegelenk, das Ober- und Unterschenkel miteinander verbindet. Muskeln, Sehnen, Kreuz- und Seitenbänder arbeiten hier auf besonders komplexe Weise zusammen. Es verfügt sogar über eigene „Stoßdämpfer“, die Menisken, die den Druck im Knie zusätzlich verteilen. Immerhin wird ein Knie im Laufe eines Menschenlebens durchschnittlich 330 Millionen Mal gebeugt. Die hohe Komplexität und Mobilität hat allerdings einen Preis: Das Knie kann anfällig für Verletzungen sein und es reagiert empfindlich auf falsche Belastung oder Überbelastung.
Abrupte Stopps, plötzliche Richtungswechsel oder Tritte und Schläge beim Sport bedeuten zusätzlichen Stress für das Kniegelenk – Fußballer oder Skirennläufer können ein Lied davon singen. Sind die Strukturen erst einmal geschädigt, ist der Keim für die schleichende Gelenkerkrankung Arthrose gelegt. So lassen sich bereits bei knapp einem Viertel der 34-jährigen arthrotische Veränderungen nachweisen.
Ob Jung oder Alt: Regelmäßige Bewegung ist die beste Medizin
In einer Studie bauten Wissenschaftler der Berliner Charité etwa 50 freiwilligen Patienten während der OP einen Sensor in das künstliche Gelenk ein. So können sie die Kräfte messen, die in künstlichen Gelenken in Schulter, Hüfte oder Knie wirken. Allein beim Einschlagen eines Nagels in eine Wand lastet das zweieinhalbfache des Körper- gewichtes auf dem Schultergelenk. Bei normalem Gehen wirkt ebenfalls das zwei- einhalbfache Körpergewicht auf das Knie, beim Treppensteigen das dreifache. Joggen belastet das Knie mit dem fünffachen, die Hüfte mit dem sechsfachen Körpergewicht.
Hightech-Substanz Knorpel
So unterschiedlich Funktion und Aufgabenbereich unserer über 200 Gelenke sind, der Grundaufbau ist immer gleich (siehe auch Grafik unten rechts). Dort, wo Knochen aufeinandertreffen, entsteht durch die Bewegung Reibung. Das wäre eine äußerst schmerzhafte Angelegenheit, wären die Gelenkflächen nicht mit einer Hightech-Substanz überzogen – dem Knorpel.
Knorpel, bestehend aus Kollagenfasern, überziehen die Knochenenden wie ein Schaumstoffkissen und verteilen Belastungen gleichmäßig im Gelenk. Knorpel enthalten keine Nerven und sind auch nicht durchblutet wie der Knochen. Für ihre „Nahrung“ sorgt die Gelenkflüssigkeit („Synovia“), die das Gelenk zusätzlich schmiert und so eine möglichst reibungslose Bewegung garantiert. Knorpel können Stoßbelastungen von mehreren 100 kg aushalten.
Gerät dieses hochkomplexe System ins Ungleichgewicht, können degenerative Prozesse in Gang gesetzt werden. Am Anfang kann eine einfache Kapselverletzung stehen, die nicht richtig auskuriert wurde.
Diagnose Arthrose
Bis stärkere Schmerzen auftreten, kann es Jahre, manchmal Jahrzehnte dauern. Meist ist es dann zu spät. Der Knorpel ist teilweise oder komplett verschwunden und das Gelenk irreparabel geschädigt. Die Diagnose lautet Arthrose. Je nach Fortschritt der Schädigung bedeutet es oft eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität mit eingeschränkter Mobilität. Greifen weder therapeutische Maßnahmen noch die Unterstützung durch orthopädie-technische Hilfsmittel, muss ein künstliches Gelenk eingesetzt werden.
Arthrose ist zwar die weltweit häufigste Gelenkerkrankung. Aber noch sind die Ursachen, die dazu führen und Knorpel und Knochen zerstören, nicht in allen Einzelheiten erforscht. Im Labor halten die Kollagenfasern des Knorpels mehr als 100 Jahre, trotzdem gehen Gelenke oft vorzeitig kaputt. Es kann eine einzige falsche, ruckartige Bewegung im Alltag sein, die fatale Folgen hat, aber auch ein Kreuzbandriss beim Skifahren, der nicht richtig auskuriert worden ist. Falsche oder zu hohe Belastungen können ebenso der Grund für vorzeitigen Verschleiß sein wie „einfach“ genetische Veranlagung.
Das A und O: Bewegung
Einigkeit herrscht allerdings unter Orthopäden und Wissenschaftlern darüber, dass regelmäßige Bewegung und richtig dosiertes Training das beste Rezept gegen vorzeitige Arthrose sind.
Selbst bei vorgeschädigtem Gelenkknorpel lassen sich durch spezifisches Training die Probleme und Schmerzen deutlich minimieren. Kräftige Muskulatur und ein starkes Bindegewebe entlasten die Gelenke deutlich. Hier können auch orthopädische Hilfsmittel wie Bandagen oder Orthesen oft wertvolle Unterstützung leisten. Bereits die passende Einlage reicht unter Umständen aus, um Haltung und Gangbild nachhaltig zu verbessern.